Bienenrecht

Bienenrecht

Die Schwierigkeit, mit den Vorschriften und Auslegungen umzugehen, liegt nicht allein in der Eigenart der Honigbiene, die rechtlich eine Sonderstellung einnimmt, begründet. Sie rührt auch daher, dass nicht nur der Imker, sondern vor allem die Allgemeinheit am Nutzen der Biene teilnimmt.

Quelle: Das Bienenrecht, Dr. Achim Gercke, 1985.

 

BGB

Das Bürgerliche Gesetzbuch, kurz BGB, gewährt grundsätzlich jedem das Recht, auf seinem eigenen Grundstück eine Imkerei in beliebig großem Umfang zu betreiben. Das Gleiche gilt auch für ein fremdes Grundstück, das der Imker zu diesem Zweck gepachtet hat oder für das ein Einverständnis des Eigentümers vorliegt.

Die Duldungspflicht des Nachbarn

Den Ausgangspunkt bildet die Vorschrift des § 1004 BGB. Diese gibt dem Eigentümer eines Grundstückes unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Beseitigung gegenwärtiger und Unterlassung drohender Beeinträchtigungen. Der Nachbar kann sich also gegen Beeinträchtigungen seines Grundstückes – de denen auch das Eindringen von Bienen zählt – wehren. Allerdings steht ihm dieses Abwehrrecht nur insoweit zu, wie er nicht seinerseits zur Duldung dieser Beeinträchtigungen verpflichtet ist.

Unwesentliche Beeinträchtigungen

So ergibt sich aus § 906 Abs. 1 S. 1 BGB für den Nachbarn die Pflicht, Bienenflug zu tolerieren, wenn die Nutzung seines Grundstückes dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Im Umkehrschluss kann er sich also gegen die Bienen wehren, wenn diese eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen. Was verbirgt sich dahinter?

Ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, richtet sich nach dem Empfinden eines verständig wertenden Durchschnittsmenschen. Auf dieser Grundlage findet eine Intereressenabwägung statt. Dabei werden Schwere und Dauer der Einwirkung berücksichtigt, die Lebensgewohnheiten der Menschen im Umfeld und die Zweckbestimmung des beeinträchtigen Grundstück. Die Auslegung ist also stets eine Frage des Einzelfalls.

Die nachstehenden Erläuterungen können deshalb immer nur als Orientierungshilfe verstanden werden.

Angemessene Völkerzahl

Teilweise wird von Nachbarn bereits der allgemeine Einflug von Bienen als Ärgernis empfunden, obgleich sich die Bienen dabei vollkommen harmlos verhalten. Eine solche Einwirkung müssen Nachbarn grundsätzlich hinnehmen – anderenfalls wäre eine sachgemäße Bienenhaltung schließlich so gut wie ausgeschlossen. Allerdings kann sich der Bieneneinflug zu einer wesentlichen Beeinträchtigung steigern, wenn die Bienenhaltung in intensivster Form praktiziert wird. Insofern ist stets ein angemessenes Verhältnis zwischen der Anzahl der Bienenvölker und der Größe des Grundstückes des Imkers zu wahren. Die Angst vor Bienen ist keine wesentliche Beeinträchtigung, selbst wenn sie krankhaft übersteigert und nicht mehr steuerbar sein sollte. Häufig wird vor Gericht das Argument vorgebracht, dass der Laie mit Bienen nicht umzugehen verstehe. Das vermag nicht zu überzeugen, denn schließlich begegnet er auch andere Insekten wie Hummeln oder Wespen.

Ein Stich ist noch kein Grund

Auch seltene, kurzfristige Beeinträchtigungen durch einen oder mehrere Bienenstiche sind in der Regel unwesentlich. Maßgebend ist besonders die Anzahl und die Art des Zustandenkommens der Stiche. Sowohl das Verhalten des Imkers als auch des gestochenen Nachbars haben darauf Einfluss. Kommt es zum Prozess, wird einerseits gewürdigt, ob der Imker durch spezielle Hindernisse (z.B. eine hohe Hecke oder Mauer) den Bieneflug in höhere Luftschichten gelenkt hat. Andererseits richtet sich das richterliche Augenmerk darauf, inwieweit der Nachbar selbst durch unsachgemäßes Verhalten, wie z.B. dem Schlagen nach der Biene, den Stich provoziert hat.

Schmutz und Schwärme

Unwesentliche Beeinträchtigungen sind meist auch Verschmutzungen durch Bienenexkremente, insbesondere an Wäschestücken und Fahrzeugen, hervorgerufen durch den Reinigungsflug der Bienen zu Frühjahrsbeginn. Dieser ist auf eine kurze Periode begrenzt, außerdem sind die Verschmutzungen auch verhältnismäßig leicht mit Wasser entfernbar. Unwesentlich sind vereinzelte, zeitlich begrenzte Beeinträchtigungen durch das Niedersetzen eines Bienenschwarms auf dem Nachbargrundstück. Das ergibt sich bereits aus dem Inhalt des § 962 BGB, der dem Imker die Befugnis gewährt, bei der Verfolgung seines Schwarmes das nachbarliche Grundstück zu betreten und den Schwarm einzufangen.

Ortsüblichkeit

Aberwas tun, wenn die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks tatsächlich wesentlich ist? Wenn die Bienen in großer Zahl ständig über den Zaun fliegen und sich durch nichts und niemanden davon abbringen lassen, in Nachbars Garten nach Nektar zu suchen? Bedeutet dies das Ende Ihrer Imkerei? Nicht unbedingt, denn ein weiteres Kriterium ist die Ortsüblichkeit der Bienenhaltung. Selbst wenn nach dem bisher Dargelegten eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist diese nach der Bestimmung des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB vom Nachbar zu dulden, falls die Bienenhaltung ortsüblich ist und der Einflug der Bienen nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Ortsüblichkeit ist dann gegeben, wenn die Benutzung im Umfeld häufiger vorkommt und bei einer Mehrheit von Grundstücken derselben örtlichen Lage ungfähr gleichartig ist. Dazu ist ein Vergleich mit anderen Grundstücken, auf denen Bienen gehalten werden, durchzuführen. Dabei müssen die Lebensgewohnheiten und die Anschauungen der Bevölkerung beachtet werden. Letzteres hat beispielsweise zur Konsequenz, dass eine Bienenhaltung in der Nähe von Badeanstalten, Krankenhäusern und Sportplätzen nicht ortsüblich ist.

Verhinderung durch zumutbare Maßnahmen

Soweit wirtschaftlich zumutbar, muss der Imker die Beeinträchtigung durch geeignete Maßnahmen verhindern. Was zumutbar ist, orientiert sich unter Berücksichtigung des nachbarlichen Verhältnisses und der Vor- und Nachteil der Maßnahme an den tatsächlichen und organisatorischen Möglichkeiten sowie der Leistungsfähigkeit eines Durchschnittimkers. Das Spektrum der möglichen Maßnahmen ist weit. Hervorzuheben sind die Errichtung eines Schutzzaunes oder das Anpflanzen einer dichten Tannenhecke an der Grundstücksgrenze. Derartige Schutzvorrichtungen halten sich regelmäßig innerhalb der finanziellen Leistungsfähigkeit der Imker. Eine Reduzierung der Zahl der gehaltenen Bienenvölker kommt als Maßnahme nur dann in Betracht, wenn infolgedessen eine merkbare Minderung der Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Quelle: Deutsches Bienen-Journal 9/2005

 

Bienenkot ist zumutbar

Sehr praxis- und lebensnah begründete das Landgericht Dessau-Roßlau in seinem Urteil vom 10. Mai 2012 (AZ: 1 S 22/12), weshalbein Grundstückseigentümer den Uberflug von Bienen dulden muss und weshalb er keinen Schadensersatz vom benachbarten Imker verlangen kann, wenn dessen Bienen Teile das Grundstücks mit Bienenkot verschmutzen. Das Gericht verkniff sich in seiner Urteilsbegründung auch nicht den Hinweis, dass sich der Kläger vor seinem Rechtsstreit in frei zugänglichen Informationsquellen, wie beispielsweise im Internet, über Bienen im Allgemeinen und der Reinigungsflug im Besonderen hätte informieren können – und sich so möglicherweise den Gang zum Gericht hätte sparen können.

Der Sachverhalt

Bei ihrem Reinigungsflug im Frühjahr 2011 überflogen die Bienen das Grundstück des Klägers und verschmutzten es. Er trug vor, dem Nachbarn sei es möglich und zumutbar gewesen, die Bienenstöcke vor dem Ausfliegen vom Grundstück ins freie Feld oder an den nahe gelegenen Waldrand zu verbringen. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg.

Die Entscheidung

Der Argumentation des Klägers mit der sogenannten Tierhalterhaftung folgte das Gericht nicht. Paragraf 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfasse nur Schäden, die durch die spezifische Tiergefahr hervorgerufen werden, das heißt durch das von keinem vernünftigen Wollen des Tieres geleitete, willkürliche, unberechenbare Verhalten des Tieres, das sich gerade als Ausdruck der gefährlichen tierischen Natur darstellt. Hierunter falle das artspezifische Verhalten von Bienen nicht, zu dem der Ausflug der Bienen zwecks Blütenbefruchtung ebenso gehöre wie der alljährlich im Frühjahr erfolgende Reinigungsflug, so das Gericht.

Kläger verkennt naturgegebene Realitäten

Auch das Argument des Klägers, der Imker hätte vor dem Beginn der Reinigungsflüge die Bienenstöcke an einen anderen Ort verbringen oder die Ausflugsöffnungen in eine andere Richtung drehen können, verhalf ihm nicht zum Erfolg. Wann der Reinigungsflug genau stattfinde, variiere witterungsbedingt und sei daher gerade nicht “fix”, so die Begründung des Gerichts. Die Bienen würden ihren eigenen Stock üblicherweise ab Temperaturen von über 10 Grad Celsius im Frühjahr, manchmal aber auch noch im Winter verlassen um sich Erleichterung zu verschaffen.

Bienenkot allenfalls Unannehmlichkeit

Außerdem beeinträchtigen die Verunreinigungen durch Bienenkot die Benutzung eines Grundstücks nur unwesentlich und sind ohne Anspruch auf Schadenersatz zu dulden und zumutbar. Auch das geht aus dem Urteil hervor. Das Landgericht Dessau-Roßlau sieht bei der Bewertung der aufgezeigten Verschmutzungen als nur unwesentliche Beeinträchtigung im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach die bei einem Reinigungsflug möglichen Verschmutzungen im Bereich des Nachbargrundstücks allenfalls eine Unannehmlichkeit angesehen werden könnten, die nicht den Grad einer qualifizierten Störung erreichten. Diese sei für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes aber erforderlich.

Quelle: die Biene 4/2013

 

Strafe wegen Schwarm in Nachbars Garten?

G.H. aus Brandenburg: “Im Sommer landete ein Schwarm von meinen Bienen in Nachbars Garten, aber dieser war nicht da und auch telefonisch nicht zu erreichen. Ich entschloss mich, den Schwarm trotzdem einzufangen und stellte die Kiste unter den Baum in den Schatten, damit die restlichen Bienen sich dort sammeln konnten. Die Kiste wollte ich dann am späten Abend holen und in die vorbereitete Beute einschlagen. Während meiner Abwesenheit kam der Gartenbesitzer und versuchte die Bienen samt Kiste zu vernichten. Er ist dabei zweimal gestochen worden. Am nächsten Tag zeigte er mich wegen Hausfriedensbruch und Köperverletzung an. Die erste Vernehmung bei der Polizei habe ich bereits hinter mir. Mit welcher Strafe muss ich rechnen?”

Antwort: Sie haben sich uneingeschränkt gesetzmäßig verhalten. Nach den §§ 961 und 962 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dürfen Sie als Eigentümer eines ausgezogenen Bienenschwarmes – zur Vermeidung von dessen Herrenlosigkeit – den Schwarm verfolgen und sind nach der gesetzlichen Vorschrift auch berechtigt, dabei fremde Grundstücke ohne vorherige Ankündigung beim Grundstückseigentümer zu betreten. Das Gesetz gibt den Imkern ein besonderes Selbsthilferecht, was dazu führt, dass Sie sich auch keines Hausfriedensbruches nach § 123 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gemacht haben, da Sie nicht widerrechtlich in das Grundstück des Nachbars eindrangen. Auch einer Körperverletzung wegen zwei Bienenstichen, die Ihr Nachbar erlitten hat, haben Sie sich nicht schuldig gemacht, da die gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens fehlen. Sie müssen mit keiner Strafe rechnen, die von Ihrem Nachbarn gegen Sie angestrengten Verfahren werden eingestellt werden müssen. Rechtsanwalt Axael P. Schüssler, Rechtsanwalt des D.I.B.

Quelle: Deutsches Bienen Journal 12/2003

 

Der Imker war zuerst da

Das Landgericht Oldenburg wies 2003 die Klage einer Nachbarin ab, die von einem Imker die Entfernung der Bienenvölker verlangte. Sie gab vor Gericht an, von zahlreichen Bienen umschwirrt worden zu sein, sodass sie in ihr Haus fliehen musste. Ende April hing ein Bienenschwarm in ihrem Garten. Später seien die Bienen ins Haus geflogen. Anfang Juni wurden ihr Gärtner und sein Gehilfe von Bienen gestochen, Ende Juni ihr zweijähriger Sohn. Die Klägerin fühlte sich in der Nutzung ihres Grundstückes wesentlich beeinträchtigt. Außerdem leide ihr Sohn an einer lebensgefährlichen Bienengiftallergie.

Das Gericht wies die Klage dennoch ab: Selbst mehrere Bienenstiche waren nach Auffassung des Richters noch keine wesentliche Beeinträchtigung. Ein Sachverständiger sagte außerdem aus, dass die Stiche eher Wespen oder Wildbienen zuzuordnen seien, ebenso die Flüge ins Haus, da das Verhalten für Honigbienen untypisch sei. Selbst wenn einzelne Bienen ins Haus flögen, sei das jedoch keine wesentliche Beeinträchtigung. Daher bewertete das Gericht nur den “normalen Bienenflug”, in dem es keine außergewöhliche Beeinträchtigung sah. Das Gericht wog ferner ab, ob für den Imker im Ausnahmefall eine Pflicht zur gesteigerten Rücksichtsnahme gegeben sein könnte, weil der Sohne unter einer Bienengiftallergie leidet. Ein allergologisches Gutachten zeigte jedoch, dass eine solche Allergie nicht vorlag. Diesen Gebot stehe außerdem entgegen, dass der Imker zum Zeitpunkt des Zuzugs der Nachbarin bereits Bienen auf dem Grundstück hielt. Landgericht Oldenburg vom 16.01.2003 Az 1 O 1939/00

Quelle: Deutsches Bienen Journal 10/2012

 

Dürfen Bienen in Kleingärten untersagt werden?

I.B. aus Nordrhein-Westfalen:” In einem Kleingartenverein möchte ich auf meiner Parzelle fünf Bienenvölker aufstellen. Die Vereinssatzung setzt dazu das Einverständnis der Nachbarn voraus. Fast alle Nachbarn sind einverstanden. Ein einziger verweigert seine Zustimmung mit der Begründung, er sei schon gestochen worden und außerdem gegen Bienengift allergisch. Ist die Satzung des Kleingartenvereins rechtmäßig? Reicht die bloße Behauptung einer Allergie aus oder ist ein Nachweis erforderlich?”

Antwort: Ist der Kleingartenverein ins Vereinsregister beim Amtsgericht eingetragen (erkennbar an dem Zusatz “e.V.”), so ist er eine juristische Person im Sinne des Gesetzes und darf sich eine eigene Satzung geben. Die Satzung besitzt den Charakter sowohl eines Vertrags als auch einer Rechtsvorschrift. Die Auslegung der Satzung darf nur am Zweck des Vereins und den berechtigten Interessen der Mitglieder erfolgen. Der Zweck des Vereins ergibt sich wiederum aus der Satzung.  Der Eintritt in einen Verein, und damit auch die Akzeptanz der Vereinssatzung, ist freiwillig. Trotzdem muss nicht gleich jede Klausel akzeptiert werden. Eine Grenze der Satzungsgewalt des Vereins ist im Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne von §242 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu sehen. Eine Schranke wird dort gesetzt, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Dazu sind die entgegenstehenden Interessen umfassend abzuwägen, also in diesem Fall das Interesse der Imker, Bienen im Kleingarten zu halten, gegen das Interesse der Nachbarn, diese Bienenhaltung zu verhindern. Ob die umstrittene Klausel der Satzung rechtmäßig oder unwirksam ist, lässt sich in diesem Einzelfall nicht eindeutig sagen. Dies müsste gegebenenfalls ein Richter entscheiden.  Grundsätzlich haben Nachbarn die Bienenhaltung zu dulden; in ländlichen Gegenden eher als im innerstädtischen Bereich. Eine innerstädtische Kleingartenanlage ist wiederum eine besondere Situation. Dort bauen sich die Menschen ein Stück Natur auf – eine Art künstliche ländliche Insel. Dazu gehören neben Blumen und Nutzpflanzen auch zahlreiche Insekten, die dort nicht nur ihren Lebensraum wiederfinden, sondern auch zum Nutzen der Kleingärtner die Blüten bestäuben. Kleingärtner kommen nicht umhin, wilde Insekten wie Wespen, Hummeln und Mücken zu dulden. Dann ist auch die Duldung von Bienen naheliegend. Wobei Bienen bekanntlich die besten Helfer zum Bestäuben der Blüten sind. Allein das Argument, gestochen worden zu sein, dürfte kein triftiger Ablehnungsgrund sein, da dies oft auf ein Fehlverhalten beruhen kann. Eine Allergie hingegen kann ein tragender Ablehnungsgrund sein. Die Behauptung, eine Allergie zu haben, wird immer häufiger auch im Rechtsstreit als Argument gegen Bienen vorgetragen. Ob tatsächlich eine, vielleicht sogar lebensbedrohende, Allergie gegen Bienengift vorliegt, kann nur ein Arzt feststellen. Eine bloße Behauptung ist solange ausreichend, bis sie von der anderen Seite bestritten wird. Dann muss der Vortragende im Zivilprozess seine Behauptung beweisen. Der Nachweis einer Allergie könnte z.B. durch Vorlage eines ärztlichen Attests erfolgen. In vielen Fällen hilft aber schon eine freundliche Aussprache mit dem Nachbarn, ggf. im Rahmen einer – im Vergleich zum gerichtlichen Streit kostengünstigen – Mediation. Lars Anderson, Berlin. Rechtsanwalt & Mediator

Quelle: Deutsches Bienen Journal 9/2006

 

Bienen verschmutzen Autos

H.B. aus Rheinland-Pfalz: “Ein ortsansässiger Autohändler beschwert sich, dass seine Autos massiv von Bien Kot beschmutzt werden. Der nächste Bienenstand befindet sich ca. 500m Luftlinie entfernt, mit mehreren Häusern dazwischen. Meine Fragen: Gibt es Präzedenzfälle? Besteht eine rechtliche Handhabe seitens des Autohändlers?”

Antwort: Die Verunreinigung fremder Gegenstände durch Bienen, ob nun Autos oder Wäsche auf der Leine, war schon häufig Gegenstand juristischer Kommentierungen und auch einiger amtsgerichtlicher Entscheidungen. Zu den Entscheidungen ist anzumerken, dass es sich nicht um “Präzedenzfälle” handeln kann, da Urteile deutscher Gerichte für andere Gerichte keine bindende Wirkung entfalten. Der deutsche Richter ist in seiner Entscheidungsfindung unabhängig und frei, wenn er sich auch in der Praxis an höchstrichterlichen Entscheidungen, z.B. des Bundesgerichtshofes, orientieren wird.  Im Wesentlichen geht es in diesem Fall um Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Autohändlers gegen die Störung seiner nachbarlichen Belange. Er kann sich dabei auf verschiedene Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches stützen, insbesondere auf §906 in Verbindung mit §1004. Der Nachbar hat Einwirkungen auf sein Grundstück, die vom Bienenflug ausgehen, grundsätzlich zu dulden, wenn sie nur zu unwesentlichen Beeinträchtigungen führen. Führen sie allerdings zu wesentlichen Beeinträchtigungen des nachbarlichen Grundstücks, ist zu differenzieren, ob die Bienenhaltung eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks des Bienenhalters darstellt oder nicht.  In einem schon etwas betagteren Urteil aus dem Jahr 1973 hat das Amtsgericht Vlotho entschieden, dass die Verschmutzung von Fahrzeugen durch die körperlichen Ausscheidungen der Bienen in dem dort zu beurteilenden Einzelfall keine wesentliche Beeinträchtigung darstellte. Begründet wurde dies damit, dass die Verunreinigungen auf den Autos nach einem kräftigen Regenguss wieder verschwunden waren. Außerdem ist der Reinigungsflug der Bienen zeitlich begrenzt, was als zusätzliches Argument für die Unwesentlichkeit angeführt wurde. Matthias Sandrock, Rechtsassessor

Quelle: Deutsches Bienen Journal 11/2005

 

Imker darf Bienen behalten – trotz Bienengiftallergie des Nachbarn

Ein Nachbar wollte einem Imker die Bienenhaltung auf dem Grundstück nebenan verbieten. Er leide unter einer Bienengiftallergie, die nach Auskunft seiner Ärzte lebensbedrohlich sei, und er sei schon mehrfach gestochen worden, seit die Bienen auf dem Nachbargrundstück seien, begründete er sein Anliegen.  Das Amtsgericht Dippoldiswalde entschied mit Urteil vom 26. November 2010 zugunsten des Imkers (AZ: 3 C 412/09) und wies die Klage ab. Die Beeinträchtigung sei für einen durchschnittlichen Grundstückseigentümer unwesentlich. Ob die Allergie tatsächlich besteht, hat das Amtsgericht nicht geprüft, weil diese allenfalls eine höchst subjektive Eigenschaft des Klägers sei, deren Folgen nicht auf den Grundstücksnachbarn abgewälzt werden könnten. Außerdem seien innerhalb der normalen Reichweite der Bienen weitere Bienenzüchter tätig. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Rechtsmittel ein.  Beim ersten Termin vor dem Landgericht Dresden schlug der Richter vor, sich ohne ein Urteil zu einigen. Der Rechtslage sei eindeutig. Zudem schwärmten Bienen kilometerweit aus, und es sei nicht nachprüfbar, ob der Kläger von den Bienen des Nachbarn oder von anderen gestochen werde, so das Gericht.  Da sich die Nachbarn in der Berufungsverhandlung nicht auf einen Vergleich einigen konnten, gab das Landgericht Dresden mit Urteil vom 7. Juli 2011 schließlich dem beklagten Imker recht (AZ: 2 S 39/11) und folgte damit der Argumentation der Vorinstanz: Obwohl der Kläger an einer Bienengiftallergie leide, müsse er den Bienenflug hinnehmen. Raphaela Weber, Tübingen

Quelle: die Biene 11/2011

 

Bienenhaltung: Unterlassungsansprüche des Nachbarn

AG Augsburg

Az: 2 C 2757/97

Urteil vom 23.01.1998

Urteil verkürzt:

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Unterlassung der Haltung von Bienen.

Die Parteien sind unmittelbare Nachbarn. Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens in OT. Der Beklagte ist Eigentümer des Anwesens. Hinsichtlich der Lage der Grundstücke und der weiteren örtlichen Gegebenheiten wird auf den vom Kläger vorgelegten Auszug aus dem Katasterkartenwerk Bezug genommen. Der Beklagte hält auf seinem Grundstück Bienen in einem Bienenhaus; es sind 13 bis 15 Bienenvölker vorhanden. Die Ausflugöffnungen sind dem Grundstück des Klägers zugewandt. Vor dem Ausflug befinden sich auf dem Grundstück des Beklagten Bäume und Sträucher. Die Entfernung vom Bienenhaus zur Grundstücksgrenze mit dem Kläger beträgt knapp 9 m; die Entfernung vom Bienenhaus zum Wohnhaus des Klägers beträgt knapp 16 m. Bei entsprechender Witterung bzw. bei entsprechenden Temperaturen kommt es zur reger Flugtätigkeit der Bienen.

Der Kläger führt aus, daß der Beklagte zur Unterlassung der Bienenhaltung verpflichtet sei. Er, der Kläger, werde in der Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. Die weiße Fassade seines Wohnhauses und im Garten des Anwesens aufgehängte Wäsche werde durch Bienen des Beklagten mit Kot beschmutzt, und zwar im Frühjahr in der Reinigungsphase. Es bestehe außerdem die Gefahr der Verschmutzung von abgestellten Autos und die Gefahr von Bienenstichen. Letztere Gefahr schränke seine Bewegungsmöglichkeit und Aufenthaltsmöglichkeit im Garten ein. Auch andere Nachbarn des Beklagten seien in der Benutzung ihrer Grundstücke wesentlich beeinträchtigt. Die Bienenhaltung sei im übrigen für diese Gegend nicht ortsüblich. Im übrigen sei dem Beklagten eine Verlegung des Bienenhauses auf ein ihm gehörendes Grundstück im Außenbereich zuzumuten. Schon seine, des Klägers, Eltern, von denen er das Wohnanwesen zu Eigentum erworben habe, hätten die Bienenhaltung des Beklagten seit langer Zeit als äußerst störend empfunden.

Der Kläger beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, die auf dem Anwesen OT, betriebene Bienenhaltung zu unterlassen.

Der Beklagte beantragt: Klageabweisung. Er führt aus, daß er zur Unterlassung nicht verpflichtet sei, vielmehr zu der Bienenhaltung berechtigt sei. Der Kläger sei zur Duldung verpflichtet. Durch die Bienenhaltung bzw. die Flugtätigkeit der Bienen werde die Benutzung des Grundstücks des Klägers nicht wesentlich beeinträchtigt. Irgendwelche Verschmutzungen und Verunreinigungen rührten nicht von seinen, des Beklagten, Bienen her. Im übrigen seien solche Verschmutzungen und Verunreinigungen leicht zu beseitigen. Stiche durch seine Bienen habe es bisher nicht gegeben und seien unter normalen Umständen auch nicht zu befürchten. Im übrigen sei die Bienenhaltung auch ortsüblich. Im näheren und weiteren Umkreis würden zahlreiche Bienenvölker von anderen Imkern gehalten. Eine Verlagerung auf sein Grundstück im Außenbereich sei ihm nicht möglich. Im übrigen halte er seit nunmehr ca. 33 Jahren Bienen auf seinem Wohngrundstück; zu Beschwerden aus der Nachbarschaft sei es nicht gekommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Erholung eines schriftlichen Gutachtens bei dem Sachverständigen W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 07.11.1997 und die Sitzungsniederschrift vom 19.12.1997 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.08.1997 seinen Antrag neu ausformuliert. Das Gericht sieht darin keine Klageänderung. Ginge man von einer Klageänderung aus, dann wäre sie jedenfalls zulässig (vgl. §§ 263, 267 ZPO).

Der sachliche Erfolg muß der Klage versagt bleiben. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch nicht zur Seite, weder aus §§ 1004, 906 BGB, noch aus § 907 BGB, noch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis.

Bienen sind Immissionen im Sinne von § 906 BGB (Palandt, BGB, 55. Aufl., § 906, Rd-Nr. 14; Meisner-Ring-Götz, Nachbarrecht in Bayern, 7. Aufl., § 13, Rd-Nr. 14; Bayer/Lindner/Grziwotz, Bayerisches Nachbarrecht, 2. Aufl., Seite 103).

Der Anspruch des Klägers scheitert nach den “konkreten und abstrakten Gegebenheiten” schon daran, daß der Kläger nach § 906 Abs. 1 BGB zur Duldung verpflichtet ist. Es liegt nur eine unwesentliche Beeinträchtigung für das klägerische Grundstück vor. Ganz allgemein ist dabei davon auszugehen, daß am Land, es handelt sich zweifelsohne um eine ländliche Gegend, in der Regel eine wesentliche Beeinträchtigung zu verneinen sein wird (Meisner, wie vor). Es sei dazu aber klargestellt, daß es insoweit (noch) nicht um die Frage der Ortsüblichkeit geht. Denn diese spielt bei der Prüfung von § 906 Abs. 1 BGB grundsätzlich keine Rolle.

Maßstab für die Frage der wesentlichen Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks in seiner durch Natur (z.B. Wohngebiet oder Außenbereich), Gestaltung und Zweckbestimmung (z.B. Wohngrundstück oder Gewerbegrundstück) geprägten konkreten Beschaffenheit und nicht das subjektive Empfinden des Gestörten; für ein Wohngrundstück ist maßgebend, ob das Wohnen an Annehmlichkeit verliert und der Grundstückswert dadurch gemindert wird (vgl. Palandt, BGB, 55. Aufl., § 906, Rd-Nr. 22).

Soweit der Kläger konkrete Beeinträchtigungen behauptet, hat das Nachfolgende zu gelten. Daß es zu Bienenstichen gekommen ist oder eine Bienengiftallergie bei ihm oder einem seiner Familienangehörigen vorliegt, behauptet der Kläger nicht. Nicht umstritten ist, daß es zu Bienenflug über und auf das Grundstück des Klägers kommt bzw. kommen kann. Nicht umstritten ist auch, daß die Fassade des Wohnhauses des Klägers “irgendwie verschmutzt, verunreinigt ist”. Hinsichtlich der Verschmutzung von Wäsche hat der Kläger allerdings nicht substantiiert vorgetragen. Entsprechendes gilt für die Verschmutzung von Autos; insoweit ist unklar geblieben, ob es überhaupt jemals dazu gekommen ist. Jedenfalls aber ist umstritten, daß insoweit Beeinträchtigungen durch Bienen des Beklagten erfolgt sind. Der Kläger hat dies auch nicht bewiesen. Namentlich im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen, das Gericht hält das Gutachten in wesentlichen Punkten für widerspruchsfrei, schlüssig und überzeugend, bestehen erhebliche Zweifel an einer insoweitigen Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks (ausschließlich) durch Bienen des Beklagten. Diese Frage ist auch nicht unter Zeugenbeweis gestellt. Sie ist dem Zeugenbeweis auch grundsätzlich nicht zugänglich. Der Kläger behauptet auch nicht, daß für einzelne Verschmutzungen und Verunreinigungen der Flug der Biene vom Ausflug ab beobachtet worden ist.

Selbst wenn man jedoch von einer zumindest teilweisen Verschmutzung und Verunreinigung durch Bienen des Beklagten ausgehen würde, könnte nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung gesprochen werden. Dazu ist zunächst festzuhalten, daß der Kläger ausschließlich eine Beeinträchtigung im Frühjahr (1996) vorträgt. Verschmutzungen und Verunreinigungen an der Fassade des Wohnhauses wären, dies ergibt sich auch aus dem Sachverständigengutachten, relativ leicht zu beseitigen. Das Gericht verweist in diesem Zusammenhang auch auf das vom Kläger selbst vorgelegte Schreiben des Regulierungsbeauftragten der G Versicherungen vom 26.02.1997. Die Wäsche, siehe hierzu aber schon oben, könnte, eine Verschmutzung und Verunreinigung durch die Bienen des Beklagten unterstellt, mit ohnehin in einem Haushalt ständig anfallender Wäsche einem nochmaligen Waschgang unterzogen werden; die Wäsche könnte auch andernorts aufgehängt werden.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist nunmehr darüber zu befinden, ob der “normale” Bienenflug, der vom Grundstück des Beklagten ausgeht, vom Kläger nach § 906 Abs. 1 BGB zu dulden ist. Das Gericht stellt in diesem Zusammenhang klar, daß diese Überprüfung keinen Widerspruch zu den obigen Ausführungen darstellt. Denn dort, wo konkrete Beeinträchtigungen nicht (substantiiert) vorgetragen sind oder nicht erwiesen sind oder als unwesentlich einzustufen sind, kann es durchaus der Fall sein, daß der “normale” Bienenflug unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände des konkreten Falles zur Verneinung einer Duldungspflicht aus § 906 Abs. 1 BGB führt. Klarzustellen ist auch, daß es wiederum (noch) nicht um die Frage der Ortsüblichkeit geht. Auch die nun anstehende Beurteilung führt zur Bejahung einer Duldungspflicht des Klägers nach § 906 Abs. 1 BGB. Das Gericht geht dabei auch aus von den Ausführungen des Sachverständigen. Nach den örtlichen Gegebenheiten und dem Umfang der Bienenhaltung durch den Beklagten ist eine wesentliche Beeinträchtigung nicht gegeben. Der Bienenflug geht nicht über das Normalmaß hinaus. Bei den vom Beklagten gehaltenen Bienen handelt es sich um solche der Carnikarasse; diese Rasse ist sanftmütig und nicht aggressiv. Was Kotverschmutzung betrifft, so hat der Beklagte durch die Aufstellung einer Bienentränke ein übriges getan (siehe hierzu Seite 2 Mitte des Sachverständigengutachtens). In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß der Kläger selbst vorgetragen hat, daß er beabsichtigt, unter anderem Obstbäume zu pflanzen. Ohne die Bestäubung, die zumindest überwiegend von Bienen bewerkstelligt wird, wächst auch kein Obst.

Selbst wenn man vom Fehlen einer Duldungspflicht nach § 906 Abs. 1 BGB seitens des Klägers ausgehen würde, also von einer wesentlichen Beeinträchtigung, dann wäre jedenfalls eine Duldungspflicht nach § 906 Abs. 2 S. 1 BGB gegeben. Es kann kein Zweifel bestehen, daß die Bienenhaltung durch den Beklagten ortsüblich ist (zur Ortsüblichkeit vgl. u.a. Palandt, BGB, 55. Aufl., § 906, Rd-Nr. 24 f.). Aus dem Sachverständigengutachten und den sonstigen Umständen ergibt sich, daß es sich beim Ortsteil H um eine ländliche Gegend bzw. um ein ländliches Wohngebiet handelt. Die Bebauung ist zum größten Teil locker, die Grundstücke sind reichlich mit Obstbäumen, Beerensträuchern und Ziersträuchern bepflanzt, es gibt bäuerliche Anwesen. Der Sachverständige hat sowohl im Ortsteil H als auch in Dinkelscherben, es handelt sich insoweit um eine Gemeinde, mehrere Bienenhaltungen festgestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß eine (wesentliche) Beeinträchtigung durch Maßnahmen verhindert werden kann, die dem Emittenten (Beklagten) wirtschaftlich zumutbar sind. Durch die Anbringung eines engmaschigen Drahtgeflechts kann der Bienenflug über und auf das klägerische Grundstück sicherlich nicht verhindert werden. Zum einen fliegen die Bienen vom Ausflug in alle Richtungen weg und ändern diese Richtung dann auch; zum anderen, dies betrifft den direkten Flug auf das klägerische Grundstück, werden sie zwar zunächst zu einer bestimmten Flughöhe gezwungen, ohne daß sichergestellt ist, daß sie diese Flughöhe auch beibehalten. Die Verlegung des Bienenhauses auf ein Grundstück des Beklagten im Außenbereich ist nicht als Maßnahme im Sinne des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen. Denn es geht gerade um die Frage der Beseitigung. Dann kann aber die mögliche Beseitigung nicht (negative) Anspruchsvoraussetzung im Sinne des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB sein. Im übrigen hat der Beklagte zu dieser Möglichkeit substantiiert vorgetragen. Dem hat der Kläger substantiiert nichts entgegengesetzt.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 907 BGB. Zwar ist ein Bienenhaus oder ein Bienenstock als Anlage im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen (vgl. Bayer, wie vor, Seite 111). Im Hinblick auf die obigen Ausführungen fehlt es aber jedenfalls daran, daß mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß der Bestand oder die Benutzung der Anlage eine unzulässige Einwirkung auf das Grundstück des Klägers zur Folge hat.

Das Unterlassungsbegehren des Klägers läßt sich auch nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis heraus begründen. Der gerechte Ausgleich widerstreitender Interessen von Nachbarn kann im Einzelfall ein Hinausgehen über die gesetzlichen Regeln des Nachbarrechts erfordern; Rechtsgrundlage ist das sog. nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, das eine Ausprägung von § 242 BGB für den besonderen Bereich des notwendigen Zusammenlebens von Grundstücksnachbarn, aus dem Pflichten zu gegenseitiger Rücksichtnahme entspringen, darstellt (Palandt, BGB, 55. Aufl., § 903, Rd-Nr. 13). Im Hinblick auf die Regelungen des Landesnachbarrechts und die im BGB geregelten Tatbestände des Nachbarrechts ist grundsätzlich kein Rückgriff mehr auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis möglich, allenfalls in zwingenden Ausnahmefällen (vgl. Palandt, wie vor).

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen bedarf es nicht mehr der Vertiefung der Frage, ob ein gegebener Anspruch des Klägers verwirkt sein könnte (zur Verwirkung allgemein vgl. Palandt, BGB, 55. Aufl., § 242, Rd-Nr. 87 f.). Es muß also nicht vertieft werden, ob das Zeitmoment und das Umstandsmoment gegeben sind. Angemerkt sei aber, daß eine Verwirkung durch den Verletzten (hier: die Eltern des Klägers) auch gegenüber seinem Rechtsnachfolger wirken kann, vgl. Palandt, BGB, 55. Aufl., § 1004, Rd-Nr. 37, und daß nicht umstritten ist, daß der Beklagte seine Bienen seit 33 Jahren am gleichen Ort hält und daß der Kläger ausführt, daß seine Eltern die Bienenhaltung seit langem als äußerst störend empfunden haben.

Die Klage muß zu Fall kommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt (wegen der Höhe der vollstreckbaren Kosten) aus § 709 S. 1 ZPO. Weitergehende Vollstreckungsschutzanordnungen sind nicht erforderlich. Rechtsanwälte Kotz

Quelle: www.ra-kotz.de

Keine Verletzung des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots durch eine Bienenhaltung

Link: http://www.kostenlose-urteile.de/Urteil15051

 

Kein Grundstücksnutzungsbeeinträchtigung durch Bienenanflug

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. August 1990 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber eines Gartenbaubetriebes. Er baut seit 1987 großflächig Schnittblumen (Gypsophila, Septemberkraut, Solidaster) im Freiland an, um sie zu veräußern. Auch sein Sohn tut dies auf einer benachbarten Fläche. Der Beklagte hält etwa 2,4 km von den Anbauflächen des Klägers (und dessen Sohnes) entfernt auf seinem Grundstück seit ca. elf Jahren nebenberuflich mehrere Bienenvölker.

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz, wobei er von seinem Sohn abgetretene Ansprüche mit geltend macht (im folgenden ist nur noch vom Kläger die Rede). Er behauptet, die Bienen des Beklagten hätten 1988 die Schnittstaudenbestände angeflogen, dadurch seien die Blüten befruchtet worden; dies habe ein rasches Verblühen zur Folge gehabt, so dass die Blumen nicht mehr hätten vermarktet werden können. Dadurch sei ihm ein Verdienstausfall in Höhe von 79.849,30 DM entstanden. Zusammen mit den Kosten des eingeschalteten Sachverständigen (915,42 DM) ergebe sich daraus ein Schaden von 80.764,72 DM.

Die auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter; der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Gründe:

Die Revision ist unbegründet.

1. Im Ergebnis mit Recht verneint das Berufungsgericht eine Tierhalterhaftung des Beklagten (§ 833 BGB). Es meint, mit dem artspezifischen Verhalten der Bienen, das zur Blütenbefruchtung führe, verwirkliche sich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 67, 129, 130; BGH, Urt. v. 6. März 1990, VI ZR 246/89, BGHR BGB § 833 Satz 1 – Tiergefahr 1) nicht eine „typische“ oder „besondere“ Tiergefahr. Die Revisionsangriffe hierzu können unentschieden bleiben.

Die Tierhalterhaftung ist ein Unterfall des Schadensersatzes für unerlaubte Handlungen. Die entsprechenden Vorschriften bezwecken den Schutz des Einzelnen gegen widerrechtliche Eingriffe in seinen Rechtskreis. Gemeinsam ist deshalb allen unerlaubten Handlungen die objektive Rechtswidrigkeit. In ihrem Regelungsbereich sind aber die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen der § 906 ff BGB maßgebend dafür, ob die von dem einen auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen rechtswidrig sind. Dieser vom Senat für § 823 BGB ausgesprochene Rechtssatz (BGHZ 90, 255, 258 m. w. N.) muss ebenso für die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB gelten, weil die Rechtswidrigkeit im Bereich der unerlaubten Handlungen nicht unterschiedlich beantwortet werden kann (a. A. RGZ 141, 406, 407; incidenter wohl auch RGZ 158, 388 ff; Figge, RdL 1954, 172, 174). Kann der Kläger die von ihm behauptete Einwirkung durch Bienen nicht als Eigentumsbeeinträchtigung abwehren (§ 1004 Abs. 2 i. V. mit § 906 BGB), so kann der Beklagte weder nach § 823 BGB (worauf auch die Revision nicht mehr abstellt) noch nach § 833 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein (so richtig Keßler, JW 1933, 2951; Schüssler, Deutsches Bienenrecht 1934, S. 136; Schwendner, Bienenrecht 1989 1. Teil, S. 12).

Zutreffend sieht das Berufungsgericht im Bienenflug und der dadurch verursachten Blütenbefruchtung eine „ähnliche Einwirkung“ im Sinne von § 906 BGB. Dies entspricht der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 141, 406, 409; 158, 68, 73; zur Fliegenbelästigung vgl. RGZ 160, 381, 382) und des Bundesgerichtshofes (BGHZ 16, 366, 370 ff), die in der Literatur, soweit ersichtlich, nunmehr einhellig gebilligt wird (vgl. BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl. § 906 Rdn. 24; Erman/Hagen, BGB 8. Aufl. § 906 Rdn. 8; Figge, RdL 1953, 172, 173; MünchKomm/Säcker, BGB 2. Aufl. § 906 Rdn. 72; Palandt/Bassenge, BGB, 51. Aufl. § 906 Rdn. 14 m. w. N.; Schüssler, Deutsches Bienenrecht 1934, S. 83 m. w. N.; Schwendner, Bienenrecht 1989 1. Teil A, S. 12; Soergel/Baur, BGB, 12. Aufl., § 906 Rdn. 72; Staudinger/Roth, BGB 12. Aufl. § 906 Rdn. 152; Jauernig, JZ 1986, 605, 608). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Das Gesetz zählt nur die hauptsächlichen Beispiele grenzüberschreitender Einwirkungen auf, um die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zu überlassen (Mot. III, 264). Ein einheitliches Merkmal für alle unter § 906 BGB fallenden Immissionen lässt sich nicht feststellen. Der Begriff der „Imponderabilien“, der im Gesetz nicht verwendet wird, kann nicht allein maßgeblich sein, weil viele der vom Gesetz gewählten Beispiele selbst keine unwägbaren Einwirkungen sind. Weiter führt nur der Gesetzeszweck (vgl. auch BGHZ 90, 255, 259 zur Unmaßgeblichkeit der Zuführungsart). Für so beschaffene Immissionen, wie sie beispielhaft aufgezählt sind, soll das grundsätzliche Ausschließungsrecht des Eigentümers (§ 903 BGB) mit den Bedürfnissen des praktischen Lebens in Einklang gebracht werden, um die rechtswidrigen von den nicht rechtswidrigen Einwirkungen abzugrenzen. Die von § 906 BGB erfassten Einwirkungen stimmen darin überein, dass sie in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder wesentlich beeinträchtigen können (vgl. Jauernig, JZ 1986, 608). Das trifft auf den Bienenflug zu und insbesondere auf die vom Kläger behauptete Blütenbefruchtung. Wollte man dies anders sehen, wäre eine sachgemäße Bienenhaltung so gut wie ausgeschlossen (RGZ 141, 406, 409).

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Bienenhaltung des Beklagten jedenfalls ortsüblich ist und die daraus folgenden Einwirkungen auf das Grundstück des Klägers mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen vom Beklagten nicht verhindert werden können (§ 906< Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese tatrichterlichen Feststellungen werden von der Revision nicht angegriffen. Das Berufungsurteil lässt insoweit auch keinen Fehler in seinen rechtlichen Ausgangspunkten erkennen (vgl. BGHZ 59, 378, 381 m. w. N.). Mithin kann der Beklagte die behaupteten Einwirkungen nicht abwehren.

2. Das Berufungsgericht verneint auch einen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dies hält im Ergebnis den Revisionsangriffen stand.

Das Berufungsgericht lässt letztlich offen, ob die Benutzung des betroffenen Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird. Diese Frage kann auch hier unentschieden bleiben, weil ein Ausgleichsanspruch des Klägers aus anderen Gründen scheitert.

Ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB setzt unter anderem voraus, dass die Einwirkung, die der Eigentümer gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB dulden muss, eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigt. Mit dieser Frage hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Das kann der Senat nachholen, weil weitere tatsächliche Feststellungen hierzu nicht erforderlich sind (vgl. BGHZ 65, 107, 112). Der Vortrag des insoweit jedenfalls behauptungs- und beweispflichtigen Klägers (vgl. Baumgärtel, Beweislast Bd. 2 § 906 Rdn. 9; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 906 Rdn. 89; Palandt/Bassenge, BGB, 51. Aufl., § 906 Rdn. 33; Staudinger/Roth, BGB, 12. Aufl., § 906 Rdn. 233) ist unschlüssig. Mit der Feststellung, die Immission beeinträchtige die Benutzung eines Grundstücks wesentlich (§ 906 Abs. 1 BGB), ist die Frage der Ortsüblichkeit der betroffenen Nutzung nicht mit entschieden. Ortsüblich ist eine Nutzung dann, wenn in der Umgebung eine Mehrzahl von Grundstücken nach Art und Umfang einigermaßen gleich benutzt wird (vgl. BGHZ 111, 63, 72 m. w. N.). Insoweit ist nicht entscheidend, dass im Vergleichsgebiet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allgemein eine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung stattfindet. Maßgebend ist, dass der Kläger in ungeschützten Freilandkulturen besondere Blütenstauden anbaut, die nach seinem eigenen Vortrag einerseits einen unvergleichlichen Anziehungspunkt für Bienen darstellen, andererseits aber in ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit gegenüber dem Bienenanflug besonders empfindlich sind. Der Kläger hat selbst behauptet, seine Schnittblumenkulturen fänden in der näheren Umgebung keine Entsprechung und die in dieser Gegend tätigen Gärtner hätten über einen vergleichbaren Bienenanflug nicht zu klagen. Er hat damit selbst Art und Maß seiner Nutzung in der Gegend als einzigartig und nicht ortsüblich dargestellt. Dem entspricht das von ihm vorgelegte Gutachten, das den hohen Prozentsatz der Schädigung mit der „ausgezeichneten Lockwirkung und Wertschätzung dieser Schnittstauden bei Bienen“ erklärt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger mit dem Anbau seiner Schnittstauden in einem Gebiet begann, das – wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang unangegriffen feststellt – traditionellerweise zur Bienenhaltung geeignet ist, weil es geprägt wird durch eine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung mit Obstgehölzen und Kleingärten. Der Standpunkt des Klägers läuft darauf hinaus, den so genutzten Grundstücken Bienenanflug weitgehend vorzuenthalten, denn er fordert im Ergebnis eine „bienenfreie“ Zone mit einem Radius von ca. 2,4 km (Entfernung zum Grundstück des Beklagten) um seine Grundstücke herum.

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob – worauf das Berufungsgericht abstellt – in dem Bienenanflug und in der Blütenbestäubung eine Beeinträchtigung liegt, die das zumutbare Maß überschreitet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. AZ: V ZR 274/90

Quelle: openjur.de

 

Der Imker, sein Schwarm und das Recht

Bienen sind keine Haustiere, können aber auch am Haus stehen und sind keine wilden Tiere nach §960 BGB; sie sind nicht herrenlos, können allerdings herrenlos werden, sie haben einen Eigentümer, der jedoch das Eigentum an einem Schwarm gegen seinen Willen verlieren kann; der im Baum hängende Schwarm wird aufgefunden, ohne ein Fundsache zu sein. So viel zur Verwirrung!  Um zu verstehen, warum das Recht am Bienenschwarm innerhalb des BGB gesondert geregelt wurde, soll daran erinnert werden, dass die Bienenhaltung Ende des 19. Jahrhunderts eine völlig andere Bedeutung hatte als heute. Die Imkerei war selbstverständlicher Teil der Tierhaltung in Stadt und Land. Als Teil der häuslichen Selbstversorgung und landesweiter Bestandteil der Wirtschaft war sie von wesentlicher Bedeutung.

Fall 1:

Imker August beobachtet, wie ein Schwarm aus der Beute auf seinem Grundstück auszieht und sich im Baum auf dem Nachbargrundstück sammelt. Kurz entschlossen steigt er über den Zaun, der dabei beschädigt wird.  Die gesetzlichen Regelungen finden sich in den §§961 und 962 BGB. Danach ist der Bienenschwarm von Imker August nicht herrenlos geworden, weil er ihn unverzüglich verfolgt hat. Nach §962 durfte Imker August den Bienenschwarm als dessen Eigentümer verfolgen und dabei fremde Grundstücke betreten. Entstandenen Schaden hat er zu ersetzen. Dabei kommt es nicht auf Verschulden an. Der Anspruch ergibt sich direkt aus §962 BGB.

Fall 2:

Imker Ernst verfolgt seinen Schwarm, der sich auf einem fremden Grundstück hoch in den Baum gehängt hat, weshalb eine Leiter erforderlich ist, die er in aller Eile holt. Als Imker Ernst zurückkommt, hat Imkerkollege August bereits den Schwarm eingefangen. Imker Ernst hat als Eigentümer des Schwarmes die unverzügliche Verfolgung aufgenommen und das Eigentum nicht dadurch verloren, dass er die Verfolgung aufgab (§961 BGB). Schließlich wollte er nur die benötigte Leiter holen. Aus der Sicht von Imker August hatte der Eigentümer die Verfolgung allerdings aufgegeben. Damit war der Schwarm herrenlos und die Aneignung rechtmäßig, indem Imker August das Eigentum durch Besitzergreifung erwarb (§960 Abs. 2 BGB). Dies soll auch dann gelten, “wenn er wider den Willen des Grundeigentümers eingedrungen ist”. Gewohnheitsrechtlich ist die Aneignung vor dem Einschlagen des Schwarmes auch dadurch möglich, dass bei dem Schwarm ein identifizierbarer Gegenstand deponiert wird. Dies braucht keine Visitenkarte sein, eine Jacke z.B. genügt.

Fall 3:

Imker Ernst verfolgt seinen Schwarm. Gleiches macht Imker August. Die Schwärme vereinigen sich und hängen sich an den Ast. Beide Imker  einigen sich nicht, wer den Schwarm einfängt, sondern machen es gemeinsam.  Nach §963 BGB werden die beiden Miteigentümer an der vereinigten Schwärmen bzw. dem eingefangenen Gesamtschwarm. Die Anteile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme. Dumm wäre nur, wenn sich herausstellte, dass sich in der Schwarmtraube tatsächlich drei Königinnen befinden und nicht zwei. Es entsteht nämlich nicht das übliche Miteigentum, sondern es bestimmt sich nach Maßgabe der Anzahl der Schwärme, und zwar gleichgültig wie stark diese sind.  Als pragmatische Lösung bietet sich an, dass der Gesamtschwarm erst einmal in einen großen Kasten eingeschlagen wird. Möglicherweise trennen sich die Schwärme bereits über Nacht und hängen am nächten Morgen als unterscheidbare Trauben im Kasten. Hilft das nicht, könnte versucht werden, den Gesamtschwarm durchzusieben und die Königinnen auf diese Art und Weise zu finden und die Bienenmasse dann einigermaßen gerecht nach Gewicht aufzuteilen. Dr. Friedrich Pohl und Johann Wübbena RA

Quelle: Deutsches Bienen Journal 5/2006

 

Ein Urteil des Amtsgerichts Kandel zur Bienenhaltung im Außenbereich

Aus dem Urteil des Amtgerichts Kandel vom 29. Juni 2009 (AZ: 1 C 5/09) geht hervor: Das dauerhafte Aufstellen von 161 Bienenvölkern im Außenbereich stellt eine wesentliche Beeinträchtigung des benachbarten Grundstücks im Sinne von Paragraf 906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, wenn für diese Anzahl von Bienenvölker während der Vegetationsphase kein dauerhaftes und ausreichendes Trachtangebot vorhanden ist. Wenn die Haltung von 161 Bienenvölker im Außenbereich nicht ortsüblich ist, muss aber das Aufstellen von bis zu 25 Bienenvölker vom Grundstücksnachbarn geduldet werden.

Die Entscheidungsgründe: Dem Kläger steht gemäß den Paragrafen 1004, 906 BGB gegenüber dem Beklagten ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu. Nach Paragraf 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.  Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist seit langer Zeit anerkannt, dass Bienenanflug eine “ähnliche” Einwirkung im Sinne von Paragraf 906 Absatz 1 BGB ist. Ein Grundstückseigentümer muss den Bienenflug dann dulden, wenn dadurch sein Grundstück nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt ist. Ein Ortstermin ergab, dass auf dem Grundstück des Beklagten 161 Bienenvölker standen. Nach Überzeugung des Gerichts lag hierin eine wesentliche Beeinträchtigung.  In Deutschland hält ein Durchschnittsimker zwischen 5 und 10 Völker. Über 20 Völker sind eher die Ausnahme, und nur wenig Imker halten mehr als 100 Völker.  Nach dem Abblühen der letzten Trachtpflanzen im Juli finden Bienen nur noch eingeschränkt Nektar und Pollen, aber auch Wasser. Bienen neigen deshalb gerade in dieser Zeit dazu, jede mögliche flache Wasserstelle anzufliegen beziehungsweise nach Nektar und Pollen zu suchen. Bei einer so konzentrierten Aufstellung von Völker wie hier führt dies unweigerlich zu Konflikten mit Nachbarn. Insoweit ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen. Diese muss der Kläger gemäß Paragraf 906 Absatz 2 Satz 2 BGB nur dann dulden, wenn es sich um eine ortsübliche Beeinträchtigung handelt. Mehrere Imker halten hier Bienen, ortsüblich sind – wie allgemein im Außenbereich – zwischen 5 und 10 Bienenvölker. Mehr als 100 Bienenvölker an einer Stelle führen in der Regel zu massiven Problemen, was sich auch im vorliegenden Fall bewahrheitet. Da hier keine ortsübliche Benutzung vorliegt, muss der beklagte Imker seine Völkerzahl deutlich reduzieren. Raphaela Weber, Tübingen

Quelle: die Biene 5/2010

 

Besuch auf dem Bienenstand – wann haftet der Imker?

Auch der umsichtigste Imker kann es nicht immer verhindern, dass Besucher seines Bienenstandes oder Nachbarn von seinen Bienen gestochen werden. Von einer leichten Rötung und Schwellung bis zum Tod durch ein anaphylaktischen Schock: Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf Bienengift. Als Folge können Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche oder auch Ansprüche auf Unterhalt der Hinterbliebenen auf den Imker zukommen – der Beitrag gibt einen Überblick, welchem Haftungsrisiko er ausgesetzt ist.

Die rechtliche Seite

Die gesetzliche Grundlage für einen Anspruch ist Paragraf 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): “Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen” (so genannte Tierhalterhaftung). Bei Bienen ist der Imker der Tierhalter.   Grundsätzlich kann also derjenige, der durch den Stich einer Biene verletzt wurde, nach dieser Vorschrift Schadensersatz verlangen. Dazu zählen etwa die Kosten für den Arzt, die Medikamente, der Verdienstausfall während der Behandlung. Darüber hinaus kann bei Verletzung einer Person als Schmerzensgeld eine “billige Entschädigung” verlangt werden, deren Höhe vom gerichtlichen Ermessen abhängt. Sie richtet sich nach der Heftigkeit und Dauer der physischen Schmerzen, der Störung des körperlichen Wohlbefindens und nach der persönlichen Situation.   Die Schmerzen müssen jedoch eine gewisse Schwelle überschreiten. Nach der Rechtsprechung kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld entfallen, wenn das Wohlbefinden der Verletzten nur kurzfristig und unerheblich beeinträchtigt wurde. Das wird bei den meisten Menschen, die nicht an einer Bienengiftallergie leiden, der Fall sein.

Mitverschulden angerechnet

Je nach Fallgestaltung hat der Imker auch die Möglichkeit, Mitverschulden des Geschädigten einzuwenden, wodurch sich die Schadensansprüche mindern. Das kann zum Beispiel dann sein, wenn der Gestochene die Bienen gereizt hat und den Stich so selber provoziert hat (als normale Abwehrreaktion der Bienen) oder wenn ein Nachbar vor den Fluglöchern der Bienen lärmt und sie dadurch rebellisch macht. Nach der Rechtsprechung kann in so einem Fall ein Schadensersatzanspruch sogar ganz entfallen.

Absicherung gegen Ansprüche

Der Imker kann sein finanzielles Risiko mindern, wenn er zumindest eine Haftpflichtversicherung hat. Diese Versicherung deckt die gesetzliche Haftpflicht aus allen imkerlichen Tätigkeiten (dazu zählt auch die Führung von Besuchsgruppen durch den Bienenstand) in der Eigenschaft als Bienenhalter mit den entsprechend vereinbarten Deckungssummen für Personen- und Vermögensschäden ab. Ausgeschlossen ist eine Haftung regelmäßig jedoch für vorsätzliche und grob fahrlässige Schädigung.   Die Mitgliedschaft in den Imkerlandesverbänden schließt in der Regel den Versicherungsschutz bereits mit ein. Je nach der Verbandssatzung können die Kosten der Versicherung auch Teil des Verbandsbeitrags sein. Die entsprechenden Informationen sind beim jeweiligen Landesverband zu erfragen. Neuimker wird dringend empfohlen, sich um einen entsprechenden Versicherungsschutz zu kümmern.   Raphaela Weber, Tübingen

Quelle: die Biene 9/2004

 

Gericht genehmigt Bienenhaltung in Wohngegend

Das Halten von Bienen in einem reinen Wohngebiet ist gestattet, auch wenn der Stich einer Biene ein Risiko für kranke Nachbarn darstellen könnte. So entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Fall, in dem ein Bienenstand mit fünf Bienenvölker bereits vom Landratsamt genehmigt worden war. Gegen die Genehmigung hatte eine Nachbarin mit Hinweis auf das nachbarliche Rücksichtnahmegebot Einspruch eingelegt. Sie führte an, sie leide an einer akuten Herz-Kreislauf-Erkrankung, sodass der Stich einer Biene für sie ein Risiko darstelle. Als der Widerspruch erfolglos blieb, klagte die Nachbarin vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Das Gericht wies die Klage ab, wogegen die Nachbarin in Berufung ging. Doch auch der Verwaltungsgerichtshof sah das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt. Zwar würden die Bienen das Grundstück der Klägerin aufsuchen, doch würden sich Bienen beim Sammeln friedlich verhalten. Demnach sei eine Gefährdung der Nachbarin unwahrscheinlich. Ihre Angst vor einem Stich spiele keine Rolle.

Quelle: Deutsches Bienen Journal 10/2014